Verein

Hl1948, Deichstraße 1960er Jahre

Im 1972 unterzeichneten Gründungsaufruf des Vereins „Rettet die Deichstraße e.V.“ heißt es, dass „die Unterzeichnenden meinen, dass es endlich auch in Hamburg an der Zeit sei, mit diesem Straßenzug, der auch das Alt-Hamburger Bürgerhaus wieder aufnehmen soll, uns Hamburgern selbst, aber auch unseren Gästen aus nah und fern ein schönes Zeugnis vergangener Zeiten und heutigen Bürgersinns zu geben.“
Am 10.11.2016 beschließt die Mitgliederversammlung, aus Gründen der Sicherung des Grundbesitzes, in Ergänzung zum Verein die Stiftung “Rettet die Deichstraße” zu gründen. Am 08.02.2017 wird die Stiftung anerkannt.


Historie

Nach dem zweiten Weltkrieg sanierte man das geschundene Hamburg radikal. Schnell wurden Häuser abgerissen, ohne zu überlegen, ob sie eventuell historisch interessant sein könnten. So erging es auch der Deichstraße. Es herrschte die Meinung vor, dass die Glanzzeit dieser Straße vorbei sei. Doch nachdem schon die ersten Häuser abgerissen waren, für einige weitere Abbruchanträge vorlagen, wurden Stimmen laut, die dafür plädierten, die Zeugnisse der Vergangenheit nicht einfach zu vernichten. Die Journalistin Gisela Schiefler und der Architekt Gerhard Hirschfeld beschritten einen langen Weg, um ein altes Stück Hamburg zu erhalten.

Am 13. April 1972 unterzeichneten die Nachkriegsbürgermeister Max Brauer, Kurt Sieveking, Paul Nevermann und Herbert Weichmann, der Präses der Handelskammer Herbert Westerich, der spätere Senator und Ehrenvorsitzende der Hamburger FDP Peter-Heinz Müller-Link und Dr Jürgen Westphal von der CDU den Gründungsaufruf für einen Verein, der die an der Deichstraße noch erhaltenen Häuser sichern und erhalten sollte. Zu dieser Zeit galt die Deichstraße als unattraktiver Standort, weil sie durch die Ost-West-Straße (heute: Willy-Brandt-Straße) von der City abgeschnitten war. Das gesamte Gebiet litt unter akutem Investitionsmangel; Gebäude und Wohnungen waren meist stark vernachlässigt.

Dies wollte der Verein ändern!

Die ersten Aktionen dienten einem ganz lapidaren Umstand: Die Straße war durch ihre abseitige Lage im Bewusstsein vieler Hamburger und Hamburgerinnen gar nicht mehr präsent. So waren alle Aktivitäten in erster Linie darauf angelegt, den Bekanntheitsgrad zu erhöhen, den “Schatz an der Deichstraße” den Bürgern zu erschließen. Der Verein wollte und brauchte die breite Unterstützung der Bevölkerung, um Senat und Bürgerschaft dazu zu bringen, geeignete Maßnahmen zur Rettung dieses Kleinods in die Wege zu leiten. Das hatte Erfolg! 1977 wurde die Deichstraße durch den Bezirk förmlich als Sanierungsgebiet anerkannt. Weitere Häuser wurden unter Denkmalschutz gestellt, was bedeutete, dass Haussanierungen und alle begleitenden Maßnahmen durch Bund und Stadt finanziert werden konnten. Durch Spenden und Zuwendungen wurde der Verein in die Lage versetzt, zunächst das Haus Nr. 37 und dann im Laufe der Zeit weitere Häuser in der Straße zu erwerben. Klaus Francke, damaliger CDU-Bundestagsabgeordneter, wurde zu der Zeit Erster Vorsitzender des Vereins „Rettet die Deichstraße e.V.“.

Die Aktionen des Vereins wirkten ansteckend. Andere Eigentümer begannen nun ebenfalls, ihre Häuser zu sanieren und zu restaurieren. Mit Gründung der Stiftung “Rettet die Deichstraße” fiel das Eigentum an diese. Derzeit gehören der Stiftung die Häuser Deichstraße 32, 35, 37, 39 und sie bemüht sich ständig um den Ankauf weiterer Gebäude. Manch ein Privatbesitzer fühlt sich durch die kostenintensiven historischen Bauten überfordert. Der Verkauf an die Stiftung ist dann nicht selten eine für alle Beteiligten sinnvolle Lösung, für manches Haus sogar die letzte Rettung.

Nach einer Satzungsänderung konnten die Bemühungen auch über den engeren Bereich der Deichstraße hinaus ausgedehnt werden. So kaufte der Verein 2008 das Grundstück Krayenkamp 10/11, bekannt als „Krameramts-Stuben“, eine weitere historische Einrichtung Hamburgs. Die „Kramer-Witwen-Wohnung“, eine im Stil des 19. Jahrhunderts ausgestattete Museumswohnung des Hamburg-Museums, wurde wieder hergerichtet. Auch diese Immobilie ist jetzt im Eigentum der Stiftung.

Diese ehrgeizigen Projekte erfordern neben Engagement viel Geld. Die insgesamt gesunde Finanzlage der Stiftung stützt sich auf Miet- und Pachteinnahmen aus den Wohnungen, Restaurants und Läden sowie auf Mitgliederbeiträge, Spenden und Schenkungen. Der weiter bestehende Verein unterstützt die Stiftung in diesen Bemühungen mit seinen Mitgliedsbeiträgen und immer wieder neuen Ideen und Impulsen. Trotzdem ist die Stiftung auf weitere Zuwendungen angewiesen. Die Mieten können und sollen nicht gleich anderen Mieten in der Stadt steigen, so bleibt ein Defizit, denn die Unterhaltung so alter Häuser ist erheblich aufwändiger, als es bei Neubauten der Fall ist. Aber auch da wird nach 30 Jahren eine “Grundinstandsetzung” fällig, deren finanziellen Folgen die Stiftung an den Rand ihrer Möglichkeiten führt. Die oben angedeuteten Neuerwerbungen als Hilfe für die ebenfalls darunter leidenden Privateigentümer sind unter diesen Umständen nicht zu leisten.

 

Auszeichnungen

  • Walter-Hesselbach-Preis

    1985 wurde dieser „Deutsche Städtebaupreis“ den Architekten des Vereins, der Planungsgruppe Nord (insbes. Für den Neubau des Hauses Nr. 35) zusammen mit den anderen an den Sanierungs- und Restaurierungsarbeiten der Straße beteiligten Architekten und dem Amt für Stadterneuerung für die gelungene Koordination verliehen.

  • Silberne Halbkugel der Deutschen Stiftung Denkmalschutz

    1987 erhielt der Verein die Silberne Halbkugel der Deutschen Stiftung Denkmalschutz für seine Bemühungen um die Erhaltung, Restaurierung und Sanierung der Straße verliehen.

  • Medaille des Vereins für Hamburgische Geschichte

    1989 nahm der Verein die silberne „Ehrenmedaille für Verdienste um die Stadtgeschichte“ des ehrwürdigen Vereins für Hamburgische Geschichte entgegen.

  • Bundesverdienstkreuz

    1992 erhielt der langjährige Schatzmeister des Vereins, Paul-Peter Juul (1912-2008) für seine Arbeit im Verein vom Bundespräsidenten das Bundesverdienstkreuz verliehen.

  • Biermann-Ratjen-Medaille

    Am 28.02.2011 wurde vom Senat dem Architekten Gerhard Hirschfeld die Biermann-Ratjen-Medaille unter anderem als Anerkennung seiner Verdienste um den Erhalt der Deichstrasse verliehen. Mit dieser Auszeichnung würdigt die Freie und Hansestadt Hamburg seine langjährigen und vielfältigen Verdienste um das Erscheinungsbild der Stadt.

    Am 27.9.2016 wurde vom Senat dem langjährigen Vorsitzenden Klaus Francke MDB a.D. ebenfalls die Biermann-Ratjen-Medaille verliehen. Damit würdigte die Freie und Hansestadt Hamburg seine Verdienste um Kunst und Kultur der Stadt, wesentlich auch seinen Einsatz für den Erhalt der Bauten an der Deichstraße.

Die Geschichte der Deichstrasse ist ausführlich nach zu lesen in „Bürger – Brauer – Zuckerbäcker von Ariane Knuth und Dierk Strothmann. Das Buch kann über den Verein bezogen werden.